Also bin ich durch Faenza durchgelaufen, auf einen Bus hoffend. An meiner Straße gab es aber nur Fahrpläne für den Nahverkehr, oft ohnehin kaum mehr leserlich. In der Innenstadt ging ich durch eine Fußgängerzone, da fuhr nur ein kleiner Elektrobus. Als ich schon wieder am Rande der Altstadt war, fragte ich einen jungen Mann nach der Station für die überregionalen Busse. Wann und wie oft die nach Forli fahren, konnte er mir nicht sagen. Ich schlug schon den Weg zurück ein, denn der Busbahnhof war abseits meiner gelaufenen Route, als ich es mir dann doch anders überlegte. Es muss doch noch eine Station des Busses am Stadtrand geben! Die gab es aber nicht. So stand ich schon wieder einige Kilometer hinter Faenza, als ein Haltstellenschild auftauchte. Wieder nur lokale Busse, nichts nach Forli. Zum Glück war an der Stelle eine große Einbuchtung der Straße zu einem Restaurantparkplatz. Also hingestellt und Daumen raus.
Und diesmal war mir der heilige Hitch (Schutzpatron der Tramper) gnädig: nach gut zehn Minuten hielt ein junges Paar, was ich erst bemerkte, als es in meinem Rücken hupte. Die setzten mich dann am Stadttor von Forli ab und ich war sehr glücklich. In Forli – übrigens eine sehenswerte Stadt – habe ich mich dann gleich mal mit Tee und Kuchen verwöhnt.
Den Rest der Strecke bin ich tapfer gelaufen. Da es viel durch besiedeltes Gebiet ging, durfte ich auf Fußwege vertrauen. Schließlich gab es einen richtig guten Radweg, der zu Ehren eines lokalen Radprofis gebaut worden war. In Forlinpopoli habe ich zu Mittag ein Panino gegessen, dann bin ich kurz hinter der Stadt auf Nebenstraßen und Feldwege abgebogen. Dort zeigte sich das Land noch mal in aller Schönheit.
Jetzt residiere ich in einem recht schicken Quartier auf einem Hügel mit Obstbäumen und Zypressen. Agritourismo.
Ich habe wieder zahlreiche Flüsse und Gräben überquert. Und an der Brücke über den Fiume Lamore hinter Faenza sah ich eine große Gedenktafeln mit historischen Fotografien, die an die verlustreiche Befreiung der Stadt durch die Briten im Dezember 1944 erinnern.
Was schreibt Seume zum heutigen Tag:
„In Faenza sah ich die erste französische Wachparade, und in Forli nichts. Nicht eben, als ob da nichts zu sehen wäre: Antiquare und Künstler finden daselbst reichliche Unterhaltung für ihre Lieblingsfächer. Aber ich dachte weder an alte noch neue Kriege und zog gerades Weges ins Wirtshaus, das Hotel de Naples.“
Dies ist leider nicht mehr existent oder heißt heute anders. Meinen Füßen geht es prächtig und ich bin trotz Lärm und trüben Wetters guter Dinge, denn ich habe mir einen kleinen Planvorsprung erlaufen, weil ich gleich zweimal auf geplante Ruhetage verzichtet habe.
Morgen geht es nach Rimini, und ich werde erneut ein Stück Bahn oder Bus fahren oder trampen. Tut mir leid, mein guter Seume, aber die Via Emiglia ist für Fußgänger die Hölle: laut, stinkend und gefährlich. Das hättest du heute nicht anders empfunden.
Entlang der Via Emiglia gibt es relativ viel Leerstand. Verkehrsgünstig gelegen ist halt nicht immer das Mittel der Wahl.
Tag 64 Von einer Agritourismo-Farm vor Faenza bis Capocolle
En bisschen Faschismus geht immer im Italien der Gegenwart. Im Stadtzentrum von Forli gibt es ein kleines Gauforum.
Bald am Quartier. Sobald man die Via Emiglia verlässt, wird es nett.
Die Flüsse, die ich überquerte, ich kann sie nicht mehr nennen, nicht mehr zählen. Fiume Montone.