Die Landschaft ist von sanft gewölbten Hügeln geprägt. Auf den Feldern sind einzelne Gehöfte verstreut. Von oben sieht das oft aus, als habe ein Landschaftsplaner hier für Abwechslung gesorgt. Mit den geschwungenen Wegen wirkt alles etwas pittoresk. Die Städte liegen ausnahmslos auf den Kuppen der Hügel. Ich kam durch Loreto und Recanati. Das sind jeweils sehr alte Städte mit oft komplett erhaltenen Wehranlagen und Toren. Bei den Toren denke ich mir immer, wenn sie in der passenden Himmelsrichtung liegen, dass Seume sie wohl passiert haben muss.
Zu Loreto schreibt er:
„Es ist überhaupt nicht viel Vernunft in der Vergebung der Sünden; aber wer diese Art derselben erfunden hat, bleibt ein Fluch der Menschheit, bis die Spur seiner Lehre getilget ist. Mit diesen und ähnlichen Gedanken wandelte ich die lange Gasse von Loretto den Berg hinauf und hinab, durch die schönen Täler weiter und immer nach Macerata zu. Links haben die Leute eine herrliche Wasserleitung angelegt, die das Wasser von Recanati nach Loretto bringt. Wenn ich überall eine solche Kultur fände, wie von Ankona bis Macerata und Tolentino, so wollte ich fast den Mönchen ihre Möncherei verzeihen. In Macerata bewillkommte mich im Tor ein päpstlicher Korporal und nahm sich polizeimäßig die Freiheit meinen Paß zu beschauen. Der Mann war übrigens recht höflich und artig, und schickte mich in ein Wirtshaus nicht weit vom Tore, wo ich so freundlich und billig behandelt wurde, daß mir die Leutchen mit ihrem gewaltig starken Glauben durch ihre Gutmütigkeit außerordentlich wert wurden. Ich machte mir ein gutes Feuer von Ulmenreisig und Weinreben, las eine Rhapsodie aus dem Homer und schlief so ruhig wie in der Nachbarschaft des Leipziger Paulinums.“
Von der erwähnten Wasserleitung habe ich leider nichts gesehen, wenn sie denn überhaupt noch existiert.
In Recanati besuchte ich den Dom. Auch durch die Altstadt von Macerata habe ich einen kleinen Umweg gemacht. Diese wirkte recht leer, es waren kaum Menschen unterwegs. Schon gar nicht gab es die vielen kleinen Bars und Kneipen, die man ansonsten in den Stadtkernen der touristischen Regionen trifft.
Die Strecke heute war nur am Anfang für einige Kilometer unangenehm wegen des Verkehrs. Aber dann gab es auf den Feldern Wege mit vollkommener Stille. Stille, ich hab dich so vermisst.
Quartier habe ich jetzt im 7. Stock eines Neubaublocks, AirBnB mit Aussicht auf andere Neubaublöcke. Gerade hat ein kurzer Erdstoß dieses hohe Haus erschüttert. War aber nicht so krass wie gestern. Mal sehen, ob ich morgen noch im Bett liege.
Blick von Rencanati Richtung Ancona
Tag 71 Von Fonte della Maddalena (bei Castelfidardo) nach Macerata
Blick auf die Altstadt von Reccanati
Tennishallen
In der Altstadt von Maccerata