Seume mit der Kutsche – ich mit dem Zug, so kam ich nach Neapel. Auf dem Bahnhof habe ich das Ticket für die Rückreise nach Berlin gekauft. Bis Neapel werde ich im Schlafwagen reisen, insgesamt bin ich dann 30 Stunden unterwegs, so dachte und hoffte ich jedenfalls an diesem Tag.
Neapel ist ein großer Kontrast, wenn man tagelang über Felder und Plantagen gelaufen ist. Die Straßen explodieren förmlich, so viel Leben, so viel unterschiedliche Kultur prallt hier aufeinander. Vom Bahnhof zum Quartier bin ich die Via Nolana, die Via Egiziaca a Focella und die Via Viacha Vechia gegangen, die liegen fast auf einer geraden Linie. Lauter kleine Lädchen aneinander, dazwischen ohne Ende arme Existenzen, die mit kleinen Tischen irgendwelchen Tand verkaufen wollen. Die ganze Szenerie erinnerte mich an die Dioramen mit biblischen Szenen, die ich gestern im Schloss von Caserta betrachten konnte. Das Gewühl an Händlern und Wartenden auf irgendwas könnte man problemlos auch in eine Zeit vor 200 Jahren verpflanzen.
Von der Dachterrasse unseres Quartiers kann man über die Dächer zum Vesuv schauen. Auf diesen Blick habe ich mich gefreut, auch wenn er nichts mehr mit dem zu tun hat, was Seume oder die Maler des 19. Jahrhunderts sehen konnten: es ist ein einziges Häusermeer, lauter potenzielle Pompeijs, ca. 50.000 illegale Bauwerke in der roten Gefahrenzone des Vulkans.
Im Zug nach Neapel. Hinten der Vesuv.
Tag 92 Von Caserta nach Neapel
Gleich hinter dem alten Stadttor beginnt die Via Nolana. Eine Szenerie, wie sie auch vor 200 Jahren hätte stattgefunden haben können. Ein buntes Gewühl unzähliger Händler.
Mondäne Passage gleich bei der Oper. Entstanden weit nach Seumes Zeit.
Einer der vielen Straßenaltäre bei Nacht.