Nach dem Regentag gestern, war das Wandern heute deutlich angenehmer. Die Überquerung des Tagliamento wäre beinahe gescheitert, weil uns Komoot zu der stark befahrenen Brücke gleich zwei Alternativrouten vorschlug, die ein Durchwaten oder Durchschwimmen des Flusses erforderlich gemacht hätten. Der führte ordentlich Wasser nach den Regentagen zuvor, wenn auch nicht das ganze imposante Flussbett in voller Breite unter Wasser stand. Es ist einer der wenigen Flüsse Europas, die noch nicht eng eingedeicht sind. Seume hatte hier auch sein Abenteuer:

„Zwischen Codroipo und Valvasone ging ich über den Tagliamento in vier Stationen, auf dem Rücken eines großen, ehrenfesten Charons, der seine langen Fischerstiefeln bis an die Taille hinaufzog. Der Fluß war jetzt ziemlich klein; und dieses ist zu solcher Zeit die Methode Fußgänger überzusetzen. Sein Bett ist über eine Viertelstunde breit und zeigt, wie wild er sein muß, wenn er das Bergwasser herabwälzt. Wenn die Bäche groß sind, mag die Reise hier immer bedenklich sein; denn man kann durchaus an den Betten sehen, welche ungeheuere Wassermenge dann überall herabströmt. Jetzt sind alle Wasser so schön und hell, daß ich überall trinke: denn für mich geht nichts über schönes Wasser.“


Ansonsten ging es heute viel über Weinplantagen und Felder. In Casarsa della Delicia wurden wir in einer Bar auf Tee und Latte Machiato eingeladen. Unser Gesprächspartner und Gastgeber war ein sympathischer Herr um die 70, super fit. Erst sprach Alexander mit ihm auf Italienisch, dann wollte Alexander jedoch noch das Grab von Pasolini auf dem nahegelegenen Friedhof besichtigen. Ich setzte die Kommunikation mit dem Google-Translator fort. Als wir weitergingen, besuchten wir noch das Haus, in dem Pasolini seine Kindheit verbrachte, später eine kleine Schule eröffneten, alles heute ein Museum. Und unser Gönner in der Bar erzählte, dass seine Großeltern den bitterarmen und oft hungernden Pasolinis nach dem Krieg ab und zu zu Essen gaben.

Leider ist die Obstsaison vorüber. Höchstens einige schimmlige und verdorrte Weintrauben findet man noch an den Reben. Alles andere ist geerntet. Die Ebene ist wie auch gestern von zahlreichen Wassergräben durchzogen. Und man findet Brunnen, weil das Wasser wohl aus dem hochstehenden Grundwasser unter lehmigen Schichten hochgedrückt wird. Das sind dann üppig fließenden Wasserrohre über kleinen Becken. Mit dem Trinken waren wir jedoch vorsichtig.

Wir nächtigen heute in einer vorzüglichen, einem Weingut angegliederten Pension mit toller Pizzeria, letztere bestens besucht.

Der Tagliamento. Immer noch sehr breit, aber keine Fischer zu sehen.

Tag 53 Von Codroipo bis Fiumo Veneto, kurz vor Pordenone

23.Oktober 2022, 26 km bis km 1.353

Und wieder endlose Plantagen. Obst und Wein.