Beim nächsten Mal piss ich Dir auf den Tisch. Wenn du im Krematorium schmorst, möge Rauch in Regenbogenfarben aus dem Schornstein quellen und noch lange stehen bleiben. Ich spendiere dir eine Fettabsaugung! Aber ich werde die Pumpe manipulieren, dass sie nicht eher aufhört, als bis dein Schwanz für immer im Bauch verschwunden ist. Südlich von Bad Gottleuba gibt es ein Rückhaltebecken, leider wurde nichts zurückgehalten, aber man könnte dich gut darin ertrinken lassen.
Bad Gottleuba, dieses ganze Lost Country Ostsachsen, am besten superdicht mit Windrädern bepflanzen. Vielleicht wird so der Mief aus den Tälern gequirlt. Moorbadkur - hoffentlich ist im Moor der Anteil braune Scheiße geringer als in den Kneipen. Von den Tschechen, lieber Gott, lass bitte noch einmal dicke Schwefeldioxidwolken aus den Kraftwerken wehen. Dass wenigstens der Wald abstirbt. Die Wegweiser in den Gegenden am besten abschrauben oder mit dicken weißen „Z“s übersprühen
So begann mein Tag. Und wenige Minuten später habe ich mich zum ersten Mal verlaufen auf der Suche nach einem Pfad, den es bei Komoot gibt, aber vermutlich nicht in der Realität.
Heute bin ich nur ungefähr 25 Kilometer marschiert, aber ich musste hoch auf den Kamm des Erzgebirges über den Nollendorfpass und dann nach Usti wieder herabsteigen. Es war schwülwarm und ich habe immerzu geschwitzt. In Petrovice (Peterswald), dem alten Grenzort, habe ich Entenbraten mit Knödeln gegessen, dazu zwei alkoholfreie Biere, volle Kaloriendröhnung. Statt mit Karte durfte ich mit Euro zahlen.
Der weitere Weg führte mich tatsächlich über die alte Poststraße, die wohl auch Seume mit seinen Begleitern genommen hat. Man hat schöne Ausblicke in die Landschaft. Die Kämme der Höhenzüge staffeln sich im Dunst, so dass man unmittelbar an die Luftperspektive in Dürers Landschaften denken muss.
Ich lief fast ein Viertel des Tages über gewöhnliche Landstraßen bei Gottseidank nicht zu starkem Verkehr. Dennoch habe ich meine signalgrüne Regenhülle über den Rucksack gezogen, um optisch aufzufallen.
Kurz vor Usti rät Komoot zum Verlassen der Straße. Wenig später klettere ich im Wald über eine Halde aus großen Gesteinsbrocken, um den versprochenen Pfad zu finden. In der Gegend gibt es nicht wirklich viele Wanderwege, und schon gar nicht ist der Wald von Schneisen durchzogen. Bei dieser Kletterei, die mir sonst nichts ausgemacht hätte, kroch doch ein wenig die Sorge in mir hoch, gleich während der ersten Tage den Fuß zu verstauchen, zu viel zu riskieren.
Vor Usti quert man durch eine kleine Unterführung die neue Autobahn. dann geht es über Feldwege und immer wieder durch kleine Eigenheimsiedlungen auf den Stadtrand zu. Die Tschechen werkeln an ihren Häusern am späten Nachmittag. Immerzu hört man das Kreischen von Trennschleifern, Rasenmäher, Heckenscheren.
Der Tag wird am Abend fröhlich gerettet: Jan K. empfing mich mit seiner Frau und seinen 3 Kindern zu Nachtquartier und einem schönen Abendessen. Und hier lebt sie, die internationale Seume Gesellschaft. Wir reden über die anderen (netten und gebildeten) Bürger Bad Gottleubas , die sich für den Erhalt kleiner Kirchen und Denkmäler in der dünn besiedelten alten Grenzregion einsetzen. Jan, mein Gastgeber, ist als Historiker in zahllosen deutsch-tschechischen Projekten engagiert, spricht hervorragend Deutsch und Polnisch, kümmert sich um die Wiederherstellung einer kleinen barocken Kirche, besitzt unzählige Bücher in verschiedenen Sprachen. Jeder erzählt in der Kürze der Zeit ein wenig von seinem Leben und seinen Interessen. Kunst spielt dabei eine große Rolle.
Für einen fantastischen Ausklang des Tages sorgt Jan, als er seinen Bruder anruft, der mir innerhalb weniger Minuten ein Quartier in Czesky Brod zusagt. Dort will ich in drei Tagen sein und gewiss wieder einen schönen Abend verbringen.
Und dieses Glück passt zu einem Anruf eines anderen tschechischen Freundes, Ivan N., als ich grad auf dem Erzgebirgskamm stand. Er lud mich ein, mich morgen Abend am Endpunkt meiner Etappe abzuholen und mir Quartier in seiner Wohnung in Theresienstadt zu geben.
Autowrack im Wald bei Peterswalde
Tag 5 Von Bad Gottleuba nach Ústí nad Labem
Ein altes Haus an der historischen Straße. Es könnte ein Wirtshaus gewesen sein. Nebenan ein etwas jüngeres Ausflugslokal.
Kurz vor Peterswalde