Heute war ein bergiges Profil angesagt, daher nahm ich mir keine so große Strecke vor. Zum Schluss habe ich jedoch einige Abkürzungen gefunden, und auf wenig Straßenverkehr vertraut, womit ich glücklicherweise richtig lag, so dass ich schon vor 15.00 h mein Zeil erreicht hatte. Vor allem wollte ich morgens dann doch nicht durch den Wald wandern, denn es nieselte leicht und die Wege waren verkrautet. Daher lieber etwas mehr Straße. Ich hatte jetzt so lange schönes Wetter, dass ich so ganz raus war aus der Regenroutine. Meine Regenjacke war weit unten im Rucksack verstaut.

Ich ging heute gleich mehrere bemerkenswerte Straßen: kurz hinter Logatec fand ich an den Laternenpfählen die Symbole des Jakobwegs (und auch den Aufkleber einer nationalistischen Organisation).

Hinter Planina erfuhr ich von einer Tafel, dass ich ein Stück auf der Mastenstraße gehe. Die Straße heißt so, weil hier früher tatsächlich lange Baumstämme für Schiffsmasten transportiert wurden. Dazu hatte sich eine lokale Logistikkette aus Fuhrleuten, Lotsen (auch Frauen und Kinder) und Zugtierbesitzern gebildet. Die Zugtiere wurden als zusätzliche Vorspannung quasi im Pendelverkehr zwischen den Bergstrecken vermietet.

Und Schließlich erfuhr ich von einer weiteren Tafel kurz von Postojna, dass sich auf einem Teil meiner Strecke eine Art Ho-Chi-Minh-Pfad der jugoslawischen Partisanen befand. Vor allem Verwundete wurden durch Träger in Verstecke in die umliegenden Dörfer getragen, vorbei an den Kontrollposten der Wehrmacht.

Den bemerkenswertesten Teil meiner heutigen Strecke bildete jedoch die Durchquerung der Planina. Das ist eine sumpfige Ebene im hiesigen Karstgebiete, die ich im Unterschied zu Seume nicht überflutet, aber unter leichtem Nebel vorfand.

Seume beschreibt sie so:

„Hier in Planina hatte das Wasser wieder Unfug angerichtet. Es dringt überall aus den Bergen hervor, und hat das ganze schöne Tal zu einer außerordentlichen Höhe überschwemmt, so daß die Eichen desselben bis an die Äste im Wasser stehen. Dieses war noch nicht ganz fest gefroren, und man setzte auf mehrern Fahrzeugen beständig über nach Planina. Der Fall ist nicht selten in dieser Jahrszeit; aber dieses Mal war die Flut außerordentlich hoch. Die Hälfte von Planina auf der andern Seite des Tals stand unter Wasser. Vorzüglich soll die Flut auch mit vermehrt werden durch den Bach von Adlersberg, der dort bei der Schloßhöhle sich in die Felsen stürzt, so einige Meilen unter der Erde fortschießt und hier in einer Schlucht wieder zum Vorschein kommt.“

Tatsächlich ist es so, dass der Fluss oberirdisch von einem Berg zum anderen fließt, aus dem Karst kommend und im Karst verschwindend. Manchmal versiegt er völlig, dann wieder überflutet er die ganze Ebene.

Seume hat hier in Adelsberg bzw. Postojna zwei Höhlen besichtigt. Auf dieses Touristenspektakel, welches es heute ist, werde ich verzichten.

Das Wetter war heute trüb, und ich trug über einen großen Teil der Strecke die nicht ganz so bequemen Bergstiefel, die aber für das Gelände gut geeignet waren. Übermorgen bin ich in Triest, wo Seume nur kurz weilte. Dort werde ich eventuell nach einem Schuster sehen, denn meine Wanderschuhe zeigen an den Hacken deutliche Abnutzungsspuren. Seume ließ seine Stiefel schon in Ljubljana neu besohlen. Immerhin.

Eine landschaftliche Attraktion: die Planina. Eine Ebene im Karst, die von der Unica mal harmlos durchflossen, mal komplett überflutet wird. Dieser Fluss tritt aus einem Berg aus und verschwindet in einem solchen wieder.

Tag 45 Von Logatec nach Postojna (Adelsberg)

15.Oktober.2022, 21 km bis km 1.130

Am Ortseingang von Postoijna. offenbar ein altes Wirtshaus.