Heut habe ich gleich drei Orte passiert, an denen Seume nachweislich gewesen ist. Er schreibt:

„Von Albano ging ich den andern Morgen über eben dieses Aricia, dessen Horaz in seiner Reiseepistel von Rom nach Brindisi gedenkt, nach Gensano und Veletri und immer in die Pontinen hinein. Die Leute von Gensano sind mir als die fleißigsten und sittigsten im ganzen Kirchenstaate vorgekommen, und sie haben wirklich ihr Fleckchen Land so gut bearbeitet, daß sie den Wohltaten der Natur Ehre machen. Die Lage ist sehr schön; Berge und Täler liegen in dem lieblichsten Gemische rundumher, und der kleine See von Nemi, unter dem Namen der Dianenspiegel, gibt der Gegend noch das Interesse der mythologischen Geschichte.“

Mein Weg begann ein Stück vor Albano, ich hatte zunächst einen kleinen Anstieg zu bewältigen, der aber auf Nebenstraßen verlief und einen schönen Blick ins Land bot. Ich konnte in der Ferne das Meer sehen und zugleich das uferlose Häusermeer von Rom.

Dann ging es an einigen imposanten Villen vorbei, bis ich plötzlich den Lago Albano links von mir sah. So wie auch der später noch auftauchende Lago Nemi hat er mehr oder weniger vulkanische Ursprünge, ist jedoch im Gegensatz zum Lago Nemi kein Vulkankrater.

Albano hat ein imposantes Stadttor, welches heute mitten in der Stadt liegt, und als Ruine Teil der Einfassung eines großen römischen Militärlagers war, welches zugleich der Kontrolle der unmittelbar vorbeiführenden Via Appia diente. Vor Albano gab es ausnahmsweise mal ein schönes Stück Weg: eine alte Eisenbahnlinie ist hier für Fußgänger und Radfahrer überbaut.

Vor und nach Ariccia überquert man imposante Bogenbrücken, die aber erst nach Seumes Tod gebaut wurden. Seume nahm wohl die Route der alten Via Appia, die im Tal entlangführte, dann aber vor Genzano die Roma wieder an Höhe gewann. Von den erwähnten Brücken, aber auch vielen anderen Positionen der Strecke hat man tolle Ausblicke auf das Meer und das gesamte flachen Land, in das sich immer wieder Ausläufer des Albaner Gebirges ausbreiten.

Hinter Nemi hat mich Komoot über Straßen und diverse Waldwege noch mal auf 650 m Höhe geführt. Frustrierend war jedoch eine ganze Reihe umgestürzter Bäume. Die versuchte ich erst kletternd zu überwinden. Umgehen ging nicht, weil ich das Ganze an einem steilen Hang vorfand. Nachdem ich drei der Bäume, die wohl recht frisch vom Sturm umgeweht waren, mühsam überstiegen hatte (ich musste mich quasi balancierend über die hoch aufragenden Äste hangeln), gab ich auf. Es offenbarten sich immer mehr sturmgefällte Bäume. Ich hatte Angst vor einer Verletzung. Stand man auf einem der schaukelnden Äste, konnte man nicht sicher sein, ob der nächste Tritt vielleicht ein morscher oder halb abgebrochener Ast ist. Das Ganze fand auch nicht flach über dem Boden statt. Die Bäume lagen mit den Kronen auf dem Weg, und teilweise hing ich zwei Meter über dem Weg. Also kletterte ich zurück und musste nun einen heftigen Umweg und leider auch die benachbarte stark befahrene Straße gehen. An der traf ich auf ein paar Waldarbeiter, die ich auf die gestürzten Bäume ansprach. Aber sie wussten schon Bescheid und meinten nur, sie wüssten nicht, wo sie zuerst die Wege freisägen sollen.

Von der Fernstraße konnte ich nach einigen Kilometern zum Glück wieder abbiegen und ging dann durch eine große Vorortsiedlung von Velletri mit schönen Häusern und ansprechenden Gärten.

Vor Velletri hatte ich noch mal die Fernstraße zu nehmen, diesmal allerdings mit Fußweg. Mein Quartier (AirBnB) liegt in der Altstadt: eine kleine Wohnung in einem mittelalterlichen Haus.

Der Lago Albano

Tag 82 Von Marino nach Velletri

21. November 2022, 22 km bis km 2.196

Das ist die Via Appia, die ehemals am Stadttor von Albano (rechts) vorbeiführte.

Von einem imposanten Viadukt aus dem 19. Jahrhundert hat man einen schönen Blick auf Ariccia und im Hintergrund das Mittelmeer.

Gefangen im Windbruch