Wieder passierte ich wunderschöne Feldwege, z.B. hinter Hohenwutzen, die weit mehr als die Hälfte meiner heutigen Strecke ausmachten. Es strahlte die Sonne, kein Wölkchen am morgendlichen Himmel, und der Weg, den ich beschritt, könnte ein Weg sein, wie Seume ihn möglicherweise vorfand, als er vor 220 Jahre Richtung Meißen ging.

Jetzt wo die Felder riesig sind, durch keine Raine in Parzellen geteilt, gibt es nur wenige Abkürzungen, die man nehmen könnte, wenn die Wege Haken schlagen.

Ich stellte mir vor wie es war, als Seume in völliger Stille wanderte. Heute ist es nirgendwo mehr still: es sind nicht Vögel, die man permanent vernehmen könnte, es ist immerzu irgendein Geräusch aus der Ferne: ein Traktor auf dem Feld, ein Flugzeug in der Luft, das Zischen der fernen Autobahn. Das Rauschen der Pappeln könnte ein Gewässer sein. Bitter für den Durstigen, der mit geschlossenen Augen lauscht. Stille ist nirgends mehr.

Entlang der Feldwege wieder Äpfel, Birnen, Pflaumen zur Genüge. Aber am süßesten schmeckten von den Äpfeln die wilden. Dann, vor Meißen in den Hügeln noch Weintrauben. Aber keiner erntet die Bäume an den Feldern. Sind sie verdorrt, bleiben Lücken. Stümpfe drohen in den Himmel, nützlich nur noch für Vögel oder Käfer.

Mügeln hat einen großen Kleinbahnhof mit langen Strecken ins Umland. In Lommatzsch zum Mittag Döner. Die Männer hinter der Theke kommen aus dem Wedding, wo sie wohl ökonomisch nicht glücklich wurden. Lommatzsch ist aber nicht Berlin, auch nicht Wedding.

In Lommatzsch verbrachte ich einige Minuten an der Postsäule, der aber die Meilenangaben fehlen. Die Bezifferung der Stunden ist rätselhaft und heute schwer nachzuvollziehen. Am Ortsausgang eine Baustelle, die ich forsch durchschritt. Ein Vorteil des Fußgängers. Vor Meißen wird es hügelig, man läuft einige Strecken durch den Wald. Aber heute insgesamt wenig Straße. Und meine Füße sind nach wie vor ok, auch wenn es heute sehr weit ging, nahmen sie keinen Schaden.