Das Stadtgebiet von Bruck an der Muhr habe ich zwar durschritten, aber nur in seinen Randgebieten. Man kommt vorher noch durch Kapfenberg, wo ich in einer Bäckerei Kuchen und Tee als zweites Frühstück nahm. Aber bis dahin war die Bundesstraße mein ständiger Nachbar. Nach Bruck folgte ich im Wesentlichen dem Lauf der Muhr, einem Fluss, der hier ordentlich Wasser führt, nachdem er sich mit der Mürz vereinigte. Die Muhr geht in großen Bögen durch das Tal, es gibt diverse Staustufen und Kraftwerke und die Eisenbahn nach Graz. Meine Erkältung fühlte sich ganz gut an, aber das feucht-kalte Wetter ist nicht wirklich hilfreich. Immerhin waren meine Füße fit, jedenfalls bis Übelstein (!), dann jedoch, auf dem letzten Viertel der Strecke, machte die alte Freundin Blase unter dem linken Fußballen Terror. Man denkt immer „Gottseidank, abgeheilt!“. Aber unter Dauerbelastung geht das nicht so schnell, wie ich es gerne hätte. Das macht sich immer erst am Nachmittag bemerkbar, aber dann unerbittlich. Also schlich ich dahin, drehte den Fuß mal so, mal so, machte nochmal Pause in einem Café in Kirchdorf. Dort Gulaschsuppe mit einer rumschleimenden Dirndlkellnerin, die offenbar meinte, ihr Service bestünde darin, mit jedem Gast ewig Belangloses zu labern, während ich auf einen Nachtisch hoffte. Bin dann ohne Nachtisch davongezogen und hab mürrisch an der Theke gezahlt.
Was mir an Österreich noch ins Auge fällt, ist die Leidenschaft für Hinweisschilder aller Art. Dazu hatte ich vor einigen Tagen schon was geschrieben, aber es bedarf einer weiteren Würdigung.
Schlimm sind Kreuzungen und Kreisverkehre. Kreisverkehre, in denen man stundenlang im Kreis fahren müsste, wenn man alle Schilder und Wegweiser lesen will, die da dichtgedrängt stehen. Und da rede ich nicht von den weltweit üblichen Hinweisen auf Reiseziele, nein, jeder Arzt, jeder Tischler, jeder Bäcker, jeder Hühnerzüchter bekommt einen eigenen grünen amtlichen Hinweispfeil. Dazu natürlich noch die üblichen Werbetafeln für die Ketten dieser Welt. Aber es gibt noch ganz andere Extreme.
Fußwege sind natürlich mit dem entsprechenden Verkehrszeichen (Gebotszeichen) versehen. Wenn der Fußweg aber durch eine einmündende Nebenstraße auf freiem Feld für 4 m unterbrochen wird, muss an diese Stelle ein Verkehrszeichen, welches uns erklärt, dass jetzt an dieser Stelle der Fußweg endet, und vier Meter weiter steht dann erneut ein Verkehrszeichen, dass der Fußweg wieder beginnt.
An jedem dritten Haus befinden sich Tafeln von Heizungsfirmen, Elektrikern, Dachdeckern usw. Zunächst dachte ich: Respekt! Beeindruckende Handwerkerdichte! Bis ich kapierte, dass diese Schilder offenbar noch Jahrzehnte die Zäune zieren, wenn Huber Seppel da mal einen Wasserhahn gewechselt hat.
An jeder zweiten Grundstückseinfahrt wird darauf hingewiesen, dass dort „Privatgrund“ ist, und was dort alles verboten ist: Betreten, Halten, Parken, und wenn man dennoch parkt, wird man abgeschleppt, und natürlich angezeigt… An der etwa zwölf Meter langen Fassade eines Mehrfamilienhauses drei (!) metergroße (d.h. etwas doppelt so groß wie das Verkehrszeichen) Parkverbotsschilder, dazu natürlich noch weitere Schilder mit Erläuterungstexten.
Aber auch in der Gemeinschaftsküche der Pension von Hildegard Cresnik mahnt keineswegs nur EIN Schild, dass diese sauber zu halten ist. Ich glaube, wenn man noch 10 weiter Schilder hinklebt, putzt sich die Küche von selbst.
Aber nichts gegen die Cresniks, beide über 70, und offenbar mit einem großen Herzen für Kletterer und Wanderer, denn die Zimmer gibt es für 28 € inkl. Führstück. Zimmer, in denen es wie in der guten alten Zeit noch ein Waschbecken gibt, für alles andere muss man über den Flur. Die beiden wollten mir am liebsten noch alles einpacken, was vom Frühstück übrig war.
Ich konnte endlich heiß duschen, denn der „Turmwirt“ hatte das Thema Warmwasser auch am Morgen noch nicht auf die Reihe bekommen, aber in der Nacht dann doch noch Schweißausbrüche.
An der Straße nach Bruck
Tag 32 Von Mürzhofen nach Mautstatt
Schilderwald an einer Kreuzung