Aber als ich das Hotel verließ, war nur ein leichter Nieselregen zu spüren. Hinter Narni, auf dem Berg der benachbarten Burg, habe ich dann schnell die Regenjacke und auch einen Teil der Zwiebelschale im Rucksack verstaut, denn es klarte sogar ein wenig auf.
Die Wege im Wald waren voller Geröll oder eben schlammig und nass. Endlich kam ich wieder ins Tal und traf auf die Via Flavinia, die hier kaum befahren ist, denn sie wurde durch eine Alternativroute abgelöst. Ich saß in einer Bushaltestelle. (Das ist nicht selbstverständlich in Italien, denn wenn die Bushaltestelle überhaupt ein Dach hat, hat sie oft keine Sitzgelegenheit. Ich habe auf einem Dorf gesehen, dass die Einheimischen einfach alte Plastikstühle in die Haltstelle verfrachtet hatten.)
Komoot hatte mir für heute 20 km verordnet in einem großen „S“ durch das Land, so dass die halbwegs gerade verlaufende Via Flaminia lediglich zweimal gekreuzt wurde. Das habe ich mal beherzt glattgezogen, denn lieber auf der Straße als durch den Wald glitschen. Und das war eine gute Entscheidung, denn der Verkehr auf der Straße hielt sich sehr in Grenzen. Und meine Strecke wurde um fast 5 km kürzer. Die alten Römer haben hier mit mäßiger Steigung in sanften Bögen ihre Straße über die Hügel gezogen. Oft hatte ich schöne Ausblicke, wenn auch alles grau und diesig war heute.
Fast auf dem Scheitelpunkt der Strecke, neben einer Tankstelle, bekam ich in einem kleinen Laden für Landwirtschaftsbedarf sogar mein Silikonspray.
Aber der Regen hatte sich wirklich stark zurückgehalten, die Landschaft war voller Wolken, die teils in den Hängen der Berge verfangen waren. Otricolo sah ich schon von Weitem, denn es liegt auf einer Bergkuppe. So war ich denn ganz entspannt um 14 h im Quartier und habe die gewonnene Zeit für größere Wäsche genutzt. Morgen soll es schön werden, so dass es sich lohnt, den Schlamm aus den Hosenbeinen zu waschen.
Schaufenster in Narni. Wir halten die Italiener ja schnell für große Liebhaber. Wenn man aber die Deko von Dessousgeschäften sieht, kann man glatt die Prüderie im Vormarsch vermuten. Während bei den Läden von "intimissimo" in Deutschland die Spitzen blitzen, sieht man in Italien in den Schaufenstern dieser Kette Schlafanzüge und dröge Nachthemden.
Tag 77 Von Narni nach Otricolo
Tippelt man auf so eine Kurve zu, ist man immer gespannt, ob es danach bergab geht oder die nächste Steigung kommt.
Schöne Wolken vor Otricolo