Heute hat es mir alle Müdigkeit aus den Gliedern gepustet. Diese Strandlandschaft hat etwas dystopisches außerhalb der Saison. Und ich war sehr froh, dass keine Saison ist, denn ich mag mir nicht ausmalen, wie diese Urlaubsmaschine lärmt, wenn sie mit voller Kraft losdröhnt und sich die Massen über die Promenade wälzen. So teilte ich den Weg mit Joggern und Spaziergängern, mehr oder weniger entspannt unterwegs.
Ein ziemlich sportliches Paar sprach mich an, und wir sind dann einige Kilometer nebeneinander gelaufen und konnten uns gut verständigen, denn er sprach Deutsch und Englisch. Themen waren Seume, das Wandern, vor allem das einsame Wandern. Die beiden gehen regelmäßig am Strand spazieren. Als sie am Auto anlangten, wollten sie mich noch auf ein Glas Wein einladen. Aber das Café nebenan, in dem sie morgens noch ihr kleines italienisches Frühstück nahmen, hatte Siesta. Da mussten wir lachen über diesen gravierenden Unterschied zu Deutschland. Da lob ich mir doch mein Neukölln, in dem die Bäcker schon oder noch morgens um vier offen haben.
An der Strecke gab es noch einiges zu sehen: einen Protzbau von Mussolini vor Cattolica, der nun ein großes Aquarium birgt, eine Marina mit Booten für vermögende Zweitwohnungsbesitzer und einen richtigen Fischereihafen mit vielen kleinen Kuttern.
Seume ist hier nicht entlang der Küste gelaufen, sondern er nahm gewiss die weiter im Land liegende Straße. Über Rimini schreibt er:
„In Rimini schlief ich gewiß ruhiger, als der mächtige Julius nach seinem Übergange und dem geworfenen Würfel geschlafen haben mag. Vor der Stadt sind einige herrliche Aussichten. Auf dem Platze della Fontana steht der heilige Gaudentius von Bronze, der eine gar stattliche Figur macht. Auch ein Papst Paul, ich weiß nicht welcher, hat hier ein Monument für eine Wasserleitung, die er den Bürgern von Rimini bauen ließ. Eine Wasserleitung halte ich überall für eins der wichtigsten Werke und für eine der größten Wohltaten; und hier in Italien ist es doppelt so. Wenn ein Papst eine recht schöne wohltätige Wasserleitung bauet, kann man ihm fast vergeben, daß er Papst ist.“
Mein Quartier liegt in der Etage über einem schönen Café auf einem Hügel, ein Stück südlich von Cattolica. Nicht nur die Aussicht auf die Bucht ist fantastisch. Auch die Wirtin, eine Kubanerin, ist sehr, sehr nett. Jetzt rennt sie in die Küche, um extra für mich noch ein Abendessen zu bereiten. Das Café ist eigentlich geschlossen, aber ich sitze immer noch auf dem Sofa und schreibe.
Der endlose Strand von Rimini
Tag 67 Von Rimini nach Gabicce Monte
Hier beginnst sie, die kleine Touristenhölle.
Im Hafen von Cattolica
Das nächtliche Rimini. Nicht weit von meinem Quartier hatte ich abends diesen schönen Ausblick.