Rimini ist gut gewesen für einen Ruhetag. Ich hatte ein geräumiges Quartier, habe abends gekocht, mein Frühstück selbst gemacht. Den ganzen Tag gab es schwarzen Tee, für den ich das Wasser in einem riesigen Topf (es war der einzige) zubereitet habe, ordentlich viel Obst. Erst Bürokram, gemütlich im Bett, und dann Einkäufe. Schwarzer Tee und die passenden Rasierklingen – das waren so die Herausforderungen, die mich einige Zeit durch die Altstadt traben ließen. Wer aber nicht die extrakleinen Tuben mit Zahnpasta sucht, sondern Brillengestelle, Mode, Schuhe oder den perfekten Espresso – der ist in dieser Stadt richtig. Angenehme autofreie Altstadt

Am Nachmittag habe ich das Museum für zeitgenössische Kunst angesehen in einem riesigen alten Palazzo. Aber die Sammlung hat mich nicht überzeugt. Eine wenig konsistente Auswahl italienischer Gegenwartsarbeiten, mittelmäßig kuratiert. Am beeindruckendsten eine riesige Fotografie von Vanessa Beecroft, die nun keine Italienerin ist. Das Motiv: weiße Frau in weißem Kleid mit zwei schwarzen Säuglingen an den Brüsten. Habt ihr Fotografieinteressierten alle schon mal gesehen.

Beim nachmittäglichen Schlendern betrat ich auch das Theater und stellte fest, dass es abends ein Konzert gibt. Ich bekam eine Karte und saß für 15,00 € im Parkett, vierte Reihe Mitte. Beim Nennen des Preises (auf Italienisch) verstand ich erst 50,00 € und hätte dies zähneknirschend akzeptiert, denn es war für mich ja auch das Eintrittsgeld in einen historischen Saal.

Es spielte ein Kammerensemble junger Leute die zwölf deutschen Tänze von Beethoven, dann Tänze von Bartok und Lieder von Schubert. Sauber, aber auch nix, was große Virtuosität erfordert, was jetzt nicht herabwürdigend gemeint ist. Schlimm jedoch war ein Moderator, der vor Beginn des Konzerts und nach der Pause ausufernd die Musik erklärte, und sich dabei peinlich in seiner Rolle gefiel. Merkwürdig auch das Publikum, denn es blieb in der Pause zu großen Teilen einfach auf den Sesseln sitzen. Aber wozu aufstehen? Die Italiener haben immer was zu reden. Der Saal war übrigens reichlich mit Stuck dekoriert, nur leider neueren Datums. Und Seume ist ausgerechnet in Rimini nicht ins Theater gegangen. Aber wenigstens einmal wollte ich es seinem Eifer gleichtun, denn in allen größeren Städten ging er während seiner Reise abends ins Theater oder in die Oper. Die Leute im Saal wollten zwei Zugaben, ich bin schon vorher immer mal kurz eingenickt, war auch das lange Sitzen nicht mehr gewohnt. 

So war ich erst gegen Mitternacht wieder im Quartier. Das war zum Glück ein kurzer Weg. Als ich aber aus dem Theater trat, war der Platz davor voll wie bei einer Demonstration, die Stadt noch voller Leben, alles in lauter fröhlicher Stimmung.

Ein Papstdenkmal vor dem Theater und dem Museum für moderne Kunst

Tage 66 Ruhetag in Rimini

5. November 2022

Ein prächtiger Brunnen, Seume erwähnte ihn.

Seume verließ die Stadt durch dieses Tor, den knapp 2.000 Jahre alten Augustusbogen.