Mein Herbergsvater meinte, Seume habe bei seinem Besuch bei Münchhausen, seinem alten Armeefreund, vermutlich in der alten Kemenate gewohnt. Oder sein Freund wohnte dort. Daher habe ich dieses Haus heute früh noch mal fotografiert.
Als ich heute früh meine Bergetappe starten wollte, bemerkte ich nach wenigen Metern einen Platten am Hinterrad. Also bin ich schnell zurück zu meiner Pension „Liebaug“ (sehr zu empfehlen!) und rief den Inhaber an, ob er mir eine Zange und eine Pumpe leihen könne. Es war neun und er war samt Blasinstrument kurz vor dem Kirchgang. Aber er brachte mir alles, was ich brauchte. Die Hinterachse meines Rollers hat nämlich keinen Schnellspanner, statt dessen eine Rändelschraube, die man nur mit einer Zange lockern kann. Als ich den Reifen abnahm, musste ich feststellen, dass dieser echt abgerockt ist, viele Risse in der Decke, aus denen ich noch einige spitze Kieselsplitter herauspuhlen konnte. Bevor ich den neuen Schlauch einfädelte, habe ich mir aus dem alten einige große Flicken zurechtgeschnitten, die ich zwischen Schlauch und Mantel klemmte an Stellen, wo der Mantel auffällige Risse hatte. Zumindest heute hat die Konstruktion gehalten.
Dann bin ich los. Es ging zunächst auf einem alten Bahndamm mit geringer Steigung vorbei an einer alten Eisenhütte aus dem 19. Jahrhundert bis Floh-Seligenthal. Doch dann nahm die Steigung zu und ich meinen Rucksack ab. Den hängte ich innen an den Lenker und schob so den Roller tapfer bergauf. Nach 14,5 km war ich endlich oben auf dem Rennsteig. Dort gab es das einzige Lokal an der Strecke, welches leider geschlossen hatte. Der Sonntag bescherte mir halbwegs moderaten Verkehr auf der Strecke, allerdings waren viele Motorräder auf der kurvenreichen Strecke unterwegs. Hinter dem Rennsteig ging es dann ordentlich abwärts. Ich bin auf der schön glatten Straße geblieben und habe nicht den von Komoot empfohlenen Umweg durch den Wald genommen.
Dann rollte ich in Tambach-Dietharz ein. Auch dort alles dicht, was mit Gastro zu tun haben könnte. Der Ort hat für mich einen schalen Beigeschmack. Er war in der DDR berüchtigt für sein großes GST-Lager. Die GST war eine paramilitärische Organisation der DDR, in der alle Jungen an den Erweiterten Oberschulen (Gymnasien) Pflichtmitglied wurden und an einer von der GST verantworteten vormilitärischen Ausbildung teilnehmen mussten. Nach dem Unterricht fanden theoretische Unterweisungen, Exerzierübungen usw. statt. Gut zwei Drittel meiner Klassenkameraden (auch die eher kritisch eingestellten) machten über die GST während der Schulzeit den LKW-Führerschein. Ich durfte nicht, da Brillenträger. Und einmal musste wir in den Sommerferien für zwei Wochen nach Breege (Rügen) in ein Ausbildungscamp fahren. Dort drillten uns alte abgehalfterte NVA-Militärs, über die wir oft herzlich lachen mussten. Ja, und in Tambach-Dietharz fand sich ein vergleichbares großes GST-Lager. Dies war übrigens als Internierungsort für kritische DDR-Bürger vorgesehen, für den Fall des Ernstfalls, wie sich nach der Wende herausstellte.
Jetzt logiere ich in einem ziemlich abgewirtschafteten Hotel, der Rodebachmühle. Es gab leider nichts preiswerteres in der Umgebung. Wenn ich aber den Preis hier vergleiche (70 € plus Frühstück) mit Komfort, Größe und Preisen anderer Etablissements, die ich während meiner Reise bisher hatte, wird mir schlecht. Es ist kurios: früher war die ganzer Gegend hier eine Hochburg des DDR-Tourismus, winters wie sommers, und es stand ein FBGB-Heim am anderen. Nach der Wende ging alles den Bach runter.
Schmalkalden-City am Abend
Tag 26 Von Schmalkalden über den Rennsteig nach Georgenthal
Die alte Eisenhütte nördlich von Schmalkalden. Unglaublich: Hochöfen im Fachwerkbau.
Das ist er, der Wald, der Thüringer.
Abwärts nach Tambach-Dietharz
Mein Hotel. Ich wohnte im Haus hinten mit Fenster nach hinten.