Natürlich musste ich auch mal nach Kehl fahren. Das ist nicht wirklich die Zwillingsstadt von Strasbourg, die Märkte liegen ca. 5 km entfernt. Dass Seume die Stadt während eines Ausflugs besucht hat, war für mich ein hinreichender Grund, einmal über eine der drei Brücken zu fahren, die die Städte verbinden. Anders als z.B. Frankfurt/Oder oder Görlitz ist der Rein einfach zu breit, als dass sich etwas wie eine Doppelstadt entwickeln konnte. Lange gab es keine Brücken. Erst 1861 war eine Eisenbahn- und Fußgängerbrücke fertig, die Frankreich und Baden gemeinsam errichteten. Neun Jahre später wurde sie gesprengt, als Frankreich den Norddeutschen Bund angriff.

In Kehl habe ich eine Runde auf dem Markt gedreht, dann bin ich zurück nach Strasbourg gerollt, habe die ganze Stadt durchquert bis zum Museum für moderne Kunst. Das ist ein imposanter, großzügiger Neubau. Was ich allerdings nicht verstehe: warum hat das Gebäude eine riesige Glasfront nach Süden, die den Bau zu einem gigantischen Treibhaus macht?

Ich betrachtete eine Ausstellung mit dem ambitionierten Anspruch, die Entstehung des Impressionismus zu illustrieren. Da waren bekannte Positionen vertreten (leider kein Cezanne, obwohl der häufig in den Texten erwähnt wurde), die bis in die Gegenwart reichten. Das Museum ist auf jeden Fall einen Besuch wert, auch wenn es als Provinzmuseum keine Sensationen birgt.

Dann habe ich drei Stunden in dem Tee Salon gesessen, in dem ich auch gestern war. Grüner Tee und Quarkkuchen zum Mittag. Dann hat mich die Bedienung für den Rest der Zeit ignoriert. Das hat mich anfangs nicht gestört, denn ich wollte ein wenig an Texten arbeiten. Aber auf die Dauer fand ich das unmöglich. Die Inhaberin/Bedienung war zunächst in diverse Gespräche vertieft, der Sohn bekam Nachhilfe, eine Verwandte kam, Leute am Nebentisch wurden bewirtet. Nur ich wurde ignoriert. Irgendwie verstehe ich die französischen Gastronomie nicht. Wenn Selbstbedienung erwartet wird, kann man ein Schild anbringen und sollte dann auch grundsätzlich keine Gäste bedienen. Ich habe am Tresen bezahlt und bin gegangen. Leser, klärt mich bitte auf. Ich fahre noch anderthalb Tage durch Frankreich.

Ich schaute mir endlich auch das Innere des Münsters an. Ich erinnere mich, wie ich als (DDR-)Schüler Lichtbilder dieses Bauwerks gezeigt bekam, als exemplarisch für die Gotik. Man schaute die Bilder mit einem merkwürdigen Gefühl an in der Gewissheit, dass man sie nie in Wirklichkeit sehen wird.

Im Hotel Wäsche und Bürokram, einige Bahnen im Swimmingpool, dann viel zu viele Nudeln gekocht mit Tunfisch. Davon werde ich auch zum Frühstück morgen essen müssen, denn ich habe nur ein kleines Behältnis, sowas zu transportieren.


Seit 2016 gibt es eine neue Brücke für Tram, Fußgängerinnen und Radfahrer über den Rhein. Blick nach Kehl

Tag 14 Ruhetag in Strasbourg, Kehl

14. Mai 2024
Auf dem Markt von Kehl steht links ein Denkmal für Kriegsopfer, in das eine Skulptur eingearbeitet ist, die ursprünglich die ersten Brücke nach Strasbourg zierte.

Das Museum für moderne Kunst

Strasbourg war über Jahrhunderte Festungsstadt. Das führte auch zu imposanten Wasserbauwerken.

Im Münster mit Blick auf die romanisch begonnene Absis

Die mittelalterliche astronomische Uhr.

Moderne Bauten im ehemaligen Hafengelände, das weitgehend autofrei angelegt wurde.