Ich bin jetzt genau eine Woche unterwegs und habe etwas mehr als ein Viertel der Strecke geschafft. Morgen fahre ich nur 25 km und mache damit einen halben Ruhetag. So komme ich zeitig in Nancy an. Verglichen mit meiner ursprünglichen Planung habe ich zwei Tage Vorsprung. Das liegt zum einen an der abgeschnittenen Ecke über Longchamp, die mir nicht so recht logisch schien, aber auch an den deutlich größeren Streckenleistung. Was will man auch machen, wenn das Wetter schlecht ist und unterwegs weder sonnenbeschienene Bänke noch nette Cafés zum Verweilen verführen? Also macht man Strecke, friert man wenigstens nicht.

Womit wir beim Thema wären. Heute früh kein Regen, aber dicker Nebel für die erste Stunde, und natürlich wieder nur 6°C. Also habe ich die Pantalons angezogen und die Lichter an den Roller gesteckt. Nach einigen Kilometern Straße war ich wieder am Ufer eines Kanals. Dem Marne-Rhein-Kanal folgte ich einige Kilometer, auch wenn mein Weg mich immer wieder vom Ufer wegführte. Unterwegs überquerte ich bei Pogny (auch ein von Seume erwähnter Ort) die über die Ufer getretene Meuse und ab Foug war ich wieder am Kanal.

Es ist faszinierend, welche Infrastrukturprojekte in Frankreich im 18. und 19. Jahrhundert gestemmt wurden. Offenbar hat hier eine über Jahrhunderte zentralistisch verteilte Macht große überregionale Projekt einfacher durchziehen können als das zersplitterte Deutschland, dessen große Kanalbauten erst mit der Kaiserzeit begonnen wurden. Und obwohl kaum noch kommerziell Schiffe unterwegs sind, auch nur wenig Sportboote waren zu sehen, ist es bewundernswert, dass die zahllosen Schleusen noch in Betrieb sind. Natürlich ist nirgendwo mehr ein Schleusenwärter zu sehen, alles läuft elektrisch mit Transpondern oder am Ufer befestigten Schalter, kleine kranähnliche Konstruktionen über dem Wasser, an denen eine Schnur zum Ziehen befestigt ist.

Vor Toul sah ich ein großes Werk für Rohre am Ufer des Kanals, dann kreuzte ich zahlreiche Bahnlinien. Ja, ich bin jetzt in Lothringen und hier gibt es Industrie, weil es früher viel Eisenerz gab.

Eine Mittagspause mit wirklich gutem Essen hatte ich im Restaurant des alten Schlosses von Void Vacon auf halber Strecke. Das hätte ich fast übersehen, und kurz zuvor hatte ich mich an einer Kaufhalle schon mit Obst eingedeckt. Aber eine imposante Markthalle, eigentlich mehr ein auf Säulen ruhendes Dach, zum überdachten Parkplatz missbraucht, hatte meine Aufmerksamkeit erregt. Als ich da durchfuhr und noch ein relativ unscheinbares Tor durchquerte, stand ich auf dem alten Schlosshof. Das Schloss selbst verlor einige Türme an den Bau des Kanals. Dort hatte ich also hervorragend zubereitet Schweinemedallions, so zart wie Lachs. Eigentlich war der Mittagstisch erst ab 12, aber die Damen nahmen schon meine Bestellung auf und tatsächlich stand mein Essen schon früher als erwartet auf dem Tisch.

Eine gute Stärkung konnte ich gebrauchen, denn die Etappe hatte wieder reichlich Höhenmeter zu bieten. Ich habe viel geschoben. Aber ich musste auch etwas kürzer treten nach der heftigen Strecke gestern. Die Landschaft ist aber gerade wegen ihrer Hügel recht angenehm (fürs Auge). Die Dörfer wirken alle sehr einsam.

Jetzt sitze ich in einem Salon de The bei Törtchen und grünem Tee. Heute scheint der Tag der guten Gastronomie zu sein. Mein Hotel verströmt den Charme des 19. Jahrhunderts. Diesmal ein Zimmer ohne Macken mit Blick auf eine Brandmauer. Mehr muss ich des nachts nicht sehen.


Ein Rummelplatz im morgendlichen Nebel.

Tag 7 Von Ligny-en-Barrois nach Toul

7. Mai 2024,52,4 km bis km 347,1

Ein Tag für Romantiker mit viel innerer Wärme

Ich mag nun mal Industriegebäude.

Endlich lichtet sich der Nebel.

Der höchste Punkt der Strecke ist erreicht. Und im Atomland Franreich drehen sie sich doch!

Ansicht von Pogny

Subventionen für die französische Landwirtschaft (fast ausnahmslos Großbetriebe) ermöglichen uns diese Anblicke.